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Trinidad – der Abschied

19.06.23 – 30.06.23

Am 19. Juni um ca. 17:00 Uhr starteten wir unseren Törn nach Trinidad. Es sollte unsere letzte Überfahrt auf Amelija werden, bevor wir sie in die Hände des neuen Eigners übergeben. Der Wind kam wie immer in der Karibik aus dem Osten, nur diesmal fuhren wir den Großteil der Strecke durch den Äquatorialstrom mit einer Stärke von teils über 2 Knoten, die uns nach Westen versetzte. Zudem sind auf direktem Wege mehrere Ölplattformen. Diese soll man weiträumig umfahren, da dort Piraten lauern könnten. Es ist zwar seit vielen Jahren nichts passiert, aber man muss ja auch kein Risiko eingehen. Aufgrund der Strömung war uns zwar nur ein Kurs von ungefähr 170° möglich, jedoch kamen wir nach ungefähr 30 Seemeilen in die Abdeckung von Tobago. Dort erwarteten wir eine nur sehr schwache Strömung, weshalb wir in der Abdeckung versuchen wollten, möglichst viel Strecke nach Osten gut zu machen. Und im Notfall hatten wir auch noch unseren Motor ohne Kühlprobleme.

So war der Plan und wir starteten in unsere letzte Nachtfahrt. Die Fahrt begann sehr angenehm, denn wir hatten etwa 10-15 Knoten Wind und konnten mit voller Besegelung hart am Wind fahren. Als Grenada achteraus verschwand, versank die Sonne im Meer und färbte den Himmel in ein kräftiges Rot. Während unserer Nachtschichten genossen wir alle noch einmal den Blick in den Sternenhimmel, der auf See ohne Lichtverschmutzung noch fasziniernder ist. Wie erwartet wurde die Strömung gegen 1:00 Uhr nachts schwächer und wir konnten einen schönen, östlichen Halbkreis um die Ölplattformen fahren. Wir waren froh, dass wir nicht kreuzen mussten. Doch kurz nach Beginn von Elias Schicht morgens um sechs wurde der Wind immer schwächer. Unsere Segel flatterten nur noch und wir trieben langsam in Richtung Venezuela und näher an die im Dunst sichtbaren Ölplattformen. Da wir keinen Abstecher nach Venezuela machen wollten, mussten wir gegen acht Uhr leider den Motor anschmeißen. Die restliche Überfahrt wurde deshalb zu einer Motorbootfahrt. Wir versuchten immer mal wieder kurz zu segeln, aber der Wind spielte nicht mit. Schade, doch in diesem Fall hatten wir keine andere Wahl.

Als wir näher an Trinidad herankamen, wurde das Wasser immer dunkler und dunkler. Der Orinoco fließt in den Golf von Paria bei Trinidad und bringt Wasser aus dem Regenwald Südamerikas ins Meer. Wegen des sehr nährstoffreichen Gewässers ist der Golf von Paria einer der besten Orte für Hochseefischerei.

Irgendwann wurde das schlammig wirkende, eher wenig einladende Wasser, von einigen Finnen durchbrochen. Zum Abschluss unserer Reise wurden wir lange noch einmal von einer Delfinschule mit wirklich großen Tieren begleitet.

Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir endlich vor der Marina Peake Yacht Service an. Die Umgebung war sehr industriell, im Hintergrund sind viele Frachter vor Anker und außerhalb der Bucht steht sogar eine Ölplattform. Im Wasser sieht man nicht nur viel Müll, sondern auch ab und zu einen Ölfilm oder einen toten Fisch. Abends hatten die Behörden für das Einklarieren natürlich schon geschlossen, somit blieben wir die Nacht noch an Bord, zumindest war die Ankerbucht sehr ruhig. 

Am nächsten Tag wollten wir einklarieren, doch dafür mussten wir erst viele Stunden an Bord warten, bis die Gesundheitsbehörde uns erlaubte an Land zu gehen. Zum Glück wurden wir von Peake Yacht Services unterstützt, die alles wichtige mit der Gesundheitsbehörde klärten und und die zahlreichen Dokumente für die Immigration und Custom Behörden vorbereiteten.

Einen Tag später wollten wir uns die Insel anschauen und wanderten mit Basak und Ömer von der SY Istanbul zum Macqueripe Beach. Auf dem Weg ging es unter anderem durch einen riesigen Bambuswald. Auf Trinidad gibt es auch mehrere Affenarten, doch bevor wir einige Affen sehen konnten, hörten wir sie. Mit einem unvorstellbaren Gebrüll lärmten sie im Dschungel schon lange bevor der erste Affe über uns rumhüpfte. Wir folgten einem kleinen Pfad in den Dschungel und sahen schließlich viele Affen über unseren Köpfen sitzen, die bei unserer Anwesenheit verstummten.

Nach drei Tagen in Trinidad kam endlich Christian, der neue Eigner, an. Neben vielen persönlichen Sachen hatte er auch einen neuen Herd im Gepäck. Für den nächsten Tag teilten wir uns erst auf: Christian und Jan sollten den neuen Herd einbauen, während Jan Moritz und Elias in die Stadt fuhren, um frisches Gemüse einzukaufen. Das Herdeinbauteam wurde jedoch schnell unterbrochen, denn beim Nachbarkatamaran waren in der Nacht Einbrecher an Bord, um deren Dinghy zu stehlen. Der Besitzer konnte die Einbrecher zwar vertreiben, dennoch wollte er schnell seinen Katamaran aus dem Wasser kranen und aufs sichere Trockendock stellen. Dafür benötigte er noch zwei Leinenjungs und da sind wir doch gerne am Start. Trinidad gilt eher als gefährlich, doch da die Amelija und unser Dinghy meist neben deutlich teureren Booten liegen, haben wir weniger Angst vor Dieben. Natürlich holten wir unser Dinghy und Außenborder trotzdem jeden Abend an Deck. Kurz bevor der Katamaran herausgekrant wurde, kam der Einsatztrupp „frisches Gemüse“ auch schon erfolgreich wieder zurück, beim Herd hatte sich natürlich noch nichts getan. Aber das machte nichts, denn der Einbau des neuen Herds war zügig erledigt, Amelija war startklar und wir konnten in die nur wenige Meilen entfernte Scotland Bay fahren. 

Trinidad hat eigentlich nur drei Ankerspots und diese sind am Wochenende sehr gut von den feiernden Einheimischen besucht. Entsprechend laut war die Scotland Bay, aber man konnte zumindest wieder schwimmen, ohne auf Müll zu stoßen oder mit einem Ölfilm auf der Haut aus dem Wasser zu kommen. Die Bucht war wirklich schön, mitten im Dschungel gelegen, und von der Industrie war nichts mehr zu sehen. Nach einer Nacht setzten wir Kurs auf den letzten der drei Ankerplätze. Dabei machte Christian alle Ankermanöver komplett alleine, um für zukünftige Situationen zu üben. 

In Chacachacare Bay war es nicht nur ruhiger, wir waren bis auf riesige Vogelschwärme sogar alleine. Am Abend erkundeten wir den Strand und die verfallenen Häuser an der Küste. Mittlerweile sind von der damaligen Leprakolonie nur noch Ruinen zu sehen. Auf dem alten Steg machten wir ein Lagerfeuer mit Stockbrot und gegrillten Schokobananen. Der Ort war so ruhig, dass wir noch eine weitere Nacht blieben. Tagsüber gingen wir mit Christian jeden Winkel im Boot durch und sortierten auch schon Einiges aus. Über den Tag fiel uns auch auf, dass der Anker rutschte. Wir versuchten also neu zu ankern, doch auch nach mehreren Versuchen hielt der Anker auf dem steinigen Grund nicht richtig. Wir entschieden uns dann einfach dafür, trotz der nur 4m Wassertiefe unsere gesamte 90m-Ankerkette reinzuwerfen. Das sollte halten. 

Am 27.6. wollten wir jedoch wieder in Richtung Marina, schließlich hatten wir noch ein paar Sachen zu erledigen, für die wir in der Marina sein mussten oder Internet benötigten. Aus der geplanten Segeltour wurde jedoch nur eine Motorbootfahrt. In der letzten Hälfte wurde es schon dunkel, doch nicht aufgrund der Zeit (es war Mittag), sondern wegen eines auf uns zukommenden Gewitters. Da wir wegen des starken Regens eine schlechte Sicht hatten, wollten wir mit dem Ankern zwischen anderen Booten abwarten. Mit Standgas fuhren wir langsam durch den Regen, während die Sicht schon langsam wieder aufklarte. Wir konnten den Anker werfen doch der Regen begleitete uns die nächsten Stunden.

An den folgenden beiden Tagen blieben wir vor der Marina vor Anker. Wir erledigten noch ein paar Sachen an Bord, packten die ersten Sachen in unsere Taschen und versuchten Christian möglichst viel vom Boot zu zeigen. Unser Krantermin war für den 29.6. um 8:00 Uhr morgens angesetzt. Vorher mussten wir nicht mehr viel erledigen. Wir nahmen unsere Genua herunter, packten die Fender wieder raus und fuhren zum Krandock. Schon ein paar Tage vorher konnten wir die Marinamitarbeiter bei dem Katamaran arbeiten sehen. Sie wirkten alle sehr professionell und wir hatten ein gutes Gefühl. Nach ein paar Minuten wurde der Kran vorgefahren und die Gurte unter Amelija platziert. Es kam sogar ein Taucher, der überprüfte, ob alle Gurte richtig lagen.

Als Amelija dann in der Luft hing, kamen weitere Mitarbeiter, um das Unterwasserschiff mit Spachteln und Kärcher vom Bewuchs des letzten Jahres zu reinigen. Wir erinnerten uns an die ähnliche Situation vor einem Jahr, als wir vor der Reise, ungewiss was alles kommen sollte, Amelija auf dem Trockendock in Kroatien startklar machten. Danach wurde das Boot auf einem Wagen zu seinem Platz gefahren. Dort wurden ein paar Stützen angebracht und Amelija stand sicher an ihrem neuen Zuhause für die nächsten Monate. 

Nun ging es wieder an die Arbeit. Wir räumten alle Lebensmittel, die nicht in Dosen oder Gläsern sind, aus und verschenkten sie. Am Abend wurden wir auf der SY Istanbul zu einem Abschiedsabendessen eingeladen. 

Der 30.6. war unser letzter Tag auf der Amelija, doch die Nacht davor war nicht besonders erholsam, da das Boot voller Mücken war. Ziemlich auf den Tag genau ein Jahr, nachdem wir auf Amelija eingezogen waren, packten wir unsere Taschen und bereiteten Amelija für die nächste Zeit an Land vor. Dazu brachten wir alles, was nicht niet- und nagelfest ist, unter Deck unter. Dort wurden alle Schränke, Schubladen und Schaps geöffnet und zwei Luftentfeuchter aufgestellt, um Schimmel so gut wie möglich zu vermeiden. Um 11:00 Uhr schloss Christian das Boot endgültig ab. Wir drehten noch eine kleine Abschiedstour zu allen befreundeten Seglern, bis wir zu unserem Shuttle gingen. 

Wir drei verbringen noch zwei Tage in Port of Spain und sehen uns die Stadt an. Danach trennen sich vorerst unsere Wege. Jan Moritz fliegt zurück nach Deutschland. Dort möchte er noch ein wenig Zeit mit Freunden und Familie verbringen und anschließend mit dem Elektrotechnik-Studium starten. 

Jan fliegt einen Tag später. Er fliegt über New York, wo er drei Tage „umsteigt“ und danach weiter in seine Heimat reist. Dort möchte er ungefähr zwei Monate Heimaturlaub machen, bis er wieder seinen Rucksack packt, um weiterzureisen. 

Elias bleibt noch ein wenig in der Gegend. Bis auch er sein Biochemie-Studium im Herbst starten wird, möchte er nach Kolumbien weiterreisen, am liebsten mit dem Segelboot, und die Anden erkunden.

Das war unser Abenteuer. Es war für uns alle drei eine großartige Zeit, in der wir viel Spaß hatten und auch unglaublich viel über das Segeln, die Welt und uns gelernt haben. Dennoch freuen wir uns auch schon auf unsere nächsten Abenteuer, die anders, aber nicht unbedingt schlechter werden. Wir sind sehr zufrieden damit, wie gut die gesamte Reise verlief, vom „uns als Reisepartner finden“ und ein Boot kaufen, bis zum erfolgreichen Weiterverkaufen des Bootes. Wir sind dankbar, dass uns Amelija so sicher über die Meere und den Ozean getragen hat. Natürlich möchten wir auch einen riesigen Dank für eure Unterstützung und euer Interesse aussprechen. 

Liebe Grüße 

Jan, Elias und Jan Moritz von der Amelija

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