15.04. – 05.05.23
Unsere Rückfahrt von Antigua nach Guadeloupe war mit Halbwind bei 15 Knoten Wind ähnlich angenehm wie auch schon die Hinfahrt. Ein Highlight war das Treffen auf halbem Wege mit dem Segelboot Strawanza, zwar mit einer Meile Entfernung, doch über Funk konnten wir uns trotzdem unterhalten. Die beiden Eigner kannten wir auch schon seit Südspanien, zudem war Jans Onkel (4.Grad) Jaron als Anhalter mit an Bord. Das vorher unbekannte Verwandtschaftsverhältnis der beiden klärte sich erst durch Zufall, als wir ein paar Tage mit Jaron auf Martinique verbrachten. Klein ist die Welt!
Ein weiteres Highlight war eine Begegnung mit einer großen Delfinschule. Seit einigen Monaten hatten wir nämlich keine Delfine mehr gesehen, weshalb wir, jedoch noch viel mehr unsere Gäste Anja und Anna Lina, sich daran erfreuten, dass sie uns einige Minuten am Bug begleiteten.
Als Zielankerbucht wurde wieder Baie-Mahault auserkoren. Baie-Mahault ist die ruhigste Ankerbucht, in der wir auf der Reise waren und zeitgleich gut am ÖPNV angebunden. Da wir schon gegen Mittag kurz vor der Bucht waren, beschlossen wir einen Zwischenstopp an der Ilet á Caret zu machen. Im Norden Guadeloupes verbindet ein großes Riff die beiden Nordspitzen der schmetterlingsgeformten Insel, an dem auch einige paradiesische Inseln liegen. Die Ilet á Caret ist ein etwa 100 Meter langer Sandhügel im Riff, auf dem nur ein paar grüne Büsche wachsen. Umgeben von klarem, blauem Wasser verbrachten wir den Nachmittag dort und fühlten uns kurzzeitig wie im Paradies. Noch im Abendlicht warfen wir dann den Anker nur ein paar Meilen weiter in Baie-Mahault. Eigenktlich kehren wir nie zu einem uns schon bekannten Ankerplatz zurück, deshalb kam hier schon ein klein wenig Heimatgefühl auf.
Nach einer ruhigen Nacht gingen Jan Moritz und Elias ihrer Arbeit als Reiseführer nach und führten Anja und Anna Lina zu einem spektakulären Wasserfall mit einem kleinen See zum Baden. Auch die Busfahrt zum Ausgangspunkt der kurzen Wanderung bot schon einen schönen Einblick in die Dörfer und Landschaft der Insel. Nachdem Antigua primär Strand und eine schöne Unterwasserwelt zu bieten hatte, konnten die beiden an ihrem letzten Urlaubstag noch ein wenig Dschungel erleben. Jan erledigte morgens die nervigen Pflichten als Langfahrtsegler und fuhr auf die andere Seite von Pointe-à-Pitre zum Einklarieren. Am Abend schafften es unsere Gäste noch rechtzeitig zum Flug und wir waren wieder zu dritt an Bord. Doch die traute Dreisamkeit sollte nicht lange weilen.
Am darauffolgenden Sonntag machten wir drei einen Amelija-Tag und gingen ins Mémorial ACTe Museum, ein Museum über die Geschichte der Sklaverei in der Karibik. Das Museum war sehr beeindruckend und wir haben viel lernen können. Über viele Ausstellungsstücke wurde uns der Alltag der Sklaven näher gebracht. Guadeloupe war zuerst von dem Fischervolk der Arawak bevölkert, die im 9. Jahrhundert vom Kriegerstamm der Kariben ausgerottet wurden. Nach der Ankunft von Christopher Kolumbus konnten die Kariben sich zunächst erfolgreich gegen die spanischen Kolonialherren verteidigen. Erst Anfang des 17. Jhd gelang es den Franzosen Guadeloupe zu kolonialisieren und die Kariben wurden ausgerottet. Daraufhin wurden mit dem Dreieckshandel unzählige Menschen aus Afrika als versklavte Arbeitskräfte auf die karibischen Inseln gebracht und mussten auf den Zuckerrohr-, Kakao- oder Kaffeeplantagen arbeiten. Nach der französischen Revolution wurde die Sklaverei 1794 abgeschafft, doch Napoleon Bonaparte führte sie 1802 wieder ein. Zwischendurch war die Insel auch von den Briten besetzt. Nach vielen Widerstandsbewegungen unter Beteiligung von Gegnern der Sklaverei wie Viktor Schoelcher wurde die Skalverei erst 1848 endgültig abgeschafft.
Auch die nächste Woche begann schon sehr vielversprechend mit einem Besuch unseres Segelmachers, der extra aus Pointe-à-Pitre gefahren kam, um unser Boot zu vermessen. Bevor wir Guadeloupe verlassen würden, wollten wir nämlich unbedingt unser gerissenes Großsegel ersetzen.
Doch er war nicht der am meist erwartete Besuch der Woche, denn Jan bekam Besuch aus der Heimat. Sein guter Freund Lukas würde für die nächsten vier Wochen mit an Bord leben. Er hatte auch noch keine Segelerfahrungen, ging aber ohne Erwartungen an den Urlaub heran und ließ sich überraschen.
Die nächsten Tage unternahmen wir noch mehrere Ausflüge im Westteil von Guadeloupe (Basse-Terre). Wir fuhren zu einer heißen Quelle, Jan fuhr mit Lukas zu einem Wasserfall und einmal besuchte Lukas alleine einen Strand im Südosten Guadeloupes. Jan Moritz und Elias wanderten für zwei Tage. Ziel war der Vulkan (1467m), geplant war der Aufstieg über einen selten genutzten Weg. Gleich zu Anfang mussten wir uns deshalb durch einen zugewachsenen Weg kämpfen. Im späteren Verlauf sollte der Weg an einem Flussbett hochführen. Als irgendwann an einer Schlucht kein Weg mehr zu finden war, der nicht durch über hüfthohes Wasser führte, beschlossen wir umzukehren. Der Weg war wohl nur für die Canyonig Gruppen gedacht, die uns weiter flussabwärts begegneten. Das war in der Karte leider nicht verzeichnet. Über einen anderen Weg erreichten wir schließlich ein paar heiße Quellen, in denen wir badeten, bevor wir zum Sonnenuntergang den Gipfel erklommen. Die Nacht verbrachten wir in einer kleinen Schutzhütte am Gipfel und genossen die wunderschönen Farben des Himmels beim Sonnenunter- und aufgang.
Am nächsten Morgen stiegen wir bis zu einem Wasserfall ab. Zwar wurde diesmal kein Canyonig aus unserem Wandern, doch auch dieser Weg war oft zugewachsen und sehr matschig. Schlammverschmiert beendeten wir unser Abenteuer an einem riesigen, beeindruckenden Wasserfall. Von dort aus führte ein sehr gut begehbarer Weg und später eine Straße bis zum Paradise Waterfall. Dort quillt aus einem Felsen heißes Wasser und wir entspannten uns im warmen Bad zwischen den Felsen mit grünem Dschungel über uns und dem Zwitschern der Vögel im Ohr. Zur Abkühlung lud das kalte Becken unterhalb des Wasserfalls ein. Nach diesem gelungenen Ausklingen unserer Wanderung kehrten wir glücklich zur Amelija zurück.
Leider wurden wir in der Zeit zum ersten Mal von den Passatwinden enttäuscht. Wir hatten die ganze Woche und auch noch die darauffolgende Woche Flaute.
Nach 9 Tagen in Baie-Mahault entschieden wir uns dann zumindest weiter nach Port Louis zu fahren. Leider war die Fahrt nur unter Motor möglich, wobei wir zwischendurch auch die Genua als Unterstützung draußen hatten. Normalerweise ist Port Louis ein gut geschützter Ankerplatz, aufgrund des schwachen Windes kamen jedoch Wind und Welle aus unterschiedlichen Richtungen, was zu unangenehmem Schaukeln an Bord führte. Wir entschieden uns dazu, zusätzlich einen Heckanker auszubringen, damit wir unsere Amelija entsprechend der Wellen ausrichten können. Das war unser erster Versuch mit Heckanker, der sofort nach unseren Vorstellungen geklappt hat. Nun kamen die Wellen direkt von vorne und nicht von der Seite. So waren sie kaum zu spüren und brachten die Amelija nicht in ein unangenehmes Rollen.
Doch die Freude hielt nicht lange an, denn als wir an Deck aufgeräumt hatten, rannte im Lichtschein unserer Stirnlampe plötzlich eine Kakerlake übers Deck. Eine Kakerlakenplage an Bord wäre einer unserer größten Horror. Wir begaben uns alle in Kampfstellung: Einer behielt die Kakerlake in Sicht, während die Anderen nach einer geeigneten Waffe suchten. Unsere Wahl fiel auf eine Salatschüssel und unser Risikobrett (ehem. Pizzakarton). Damit konnten wir die Kakerlake im ersten Versuch gefangen nehmen. Wir entschieden uns dann dazu den Gefangenen zu ertränken, denn wenn man die Kakerlaken zertritt, verteilt man die Eier überall. Dazu setzte sich Jan wieder ins Dinghy und bekam die Schüssel mit der Kakerlake gereicht. Anschließend versuchte er alles so lange unter Wasser zu halten, bis die Kakerlake stirbt. Leider wurde der Pizzakarton aufgeweicht und sie konnte ins Meer fliehen. Mit Suchscheinwerfern wurde die Kakerlake verfolgt, bis sie irgendwann von einer Welle geschluckt wurde.
Der erste Schreck war vorbei, doch für den nächsten Tag gab es einige neue Aufgaben. Wir wollten unsere gesamten Lebensmittelvorräte unter die Lupe nehmen und alle weiteren Orte im Boot untersuchen, an denen man Kakerlaken finden könnte. Wir waren trotzdem sehr optimistisch, dass die Kakerlake alleine war, weil sie wahrscheinlich männlich war und viel zu groß. Hätten wir mehrere Eier an Bord gehabt, dann müssten die anderen Kakerlaken ähnlich riesig sein und das hätten wir definitiv gemerkt. Glücklicherweise brachte unsere Suchaktion keine bösen Überraschungen und zumindest konnten wir alle Schapps, Kisten und Bodenluken putzen und unsere Lebensmittel inventarisieren.
Port Louis war nur ein kleiner Ort. Es gab eine Kirche, eine sehr kleine Marina, eine Sandwicherie, einen Supermarkt, ein paar Wohnhäuser und einen großen, weißen Strand. Vor dem Strand lagen ein paar Riffs, die oft recht gute Wellen zum Surfen entstehen lassen. Elias lieh sich für eine Woche ein Surfbrett aus und nutzte unsere Zeit vor Ort um jeden Tag mehrmals zu surfen. Auch Lukas schloss sich ihm einmal an und machte erste Erfahrungen mit dem Wellensurfen. Ansonsten genossen wir „typisches Ankerleben“, waren viel baden, sonnten uns an Deck und machten einige Landgänge zu anderen Sehenswürdigkeiten.
Während der sieben Tage in Port Louis wurde auch unser neues Großsegel fertig. Der Segelmacher hatte nicht genug Zeit, um das Segel nach Port Louis zu fahren, weshalb Jan und Jan Moritz mit dem Bus nach Pointe-a-Pitrè fuhren und es abholten. Auf Guadeloupe fuhren wir meist per Anhalter, mit dem großen Segel und einem festen Termin im Gepäck entschieden wir uns jedoch dafür mit den Bussen zu fahren. Aufgrund der großen Entfernung und der langsamen Busverbindungen dauerte die ganze Fahrt lange. Wir gingen bereits um 8:00 Uhr von Bord und kamen erst zum späten Nachmittag wieder auf der Amelija an. Wir sind sehr zufrieden mit unserem neuen Großsegel und freuten uns schon darauf, bald wieder mit vollem Tuch segeln zu können.
Am Tag der Arbeit, der natürlich auch hier arbeitsfrei ist, hoben wir frühmorgens den Anker mit Ziel St. Francois am Südostzipfel der Insel. Dies wurde der erste richtige Segeltörn für Lukas und entsprechend gespannt war er auch. Wir mussten einmal um die Insel segeln und dabei ein langes Stück gegen den Wind kreuzen, weshalb der Törn recht mühsam wurde.
Dafür holten wir während der Fahrt unseren bisher größten Fang aus dem Wasser, ein über 1m langer Mahi-Mahi (Goldmakrele). Als Angelanfänger waren wir beeindruckt, wie hoch der Fisch draußen aus dem Wasser sprang. Wir entschieden uns deshalb dazu, den Mahi-Mahi ins Cockpit zu holen, statt wie sonst am Heck an Bord zu holen. Sobald der Fisch an Bord war, war der Kampf zum Glück nur kurz und unser Koch für den Tag, Elias, konnte seinen Klapptisch auspacken und den Fisch auseinandernehmen. Die nächsten drei Tage gab es morgens, mittags, abends nur noch Fisch in unterschiedlichen Varianten zum Essen – lecker!
Gegen 4 Uhr näherten wir uns Saint-Francois, doch da wir uns einig waren, dass wir den sehr flachen Ankerplatz in einem Riff nicht im Dunkeln anfahren wollten, ankerten wir weiter draußen im Meer. Es wurden ein paar schaukelige Stunden bis zum Sonnenaufgang. Am nächsten Morgen fuhren wir dann hinter das schützende Riff und ankerten dann am geplanten Ankerplatz für die nächsten Tage. Die Einfahrt war teilweise nur 40m breit und unter unserem Kiel waren letztendlich nur noch ein guter halber Meter Wasser. Dank guter Seekarten und einem funktionsfähigen Echolot war das Ankermanöver jedoch kein Problem. In Saint-Francois wollten wir noch ein wenig Proviantieren, Wasser und Gas auffüllen. Ansonsten schauten wir uns die Umgebung an und fuhren ans Ende der südöstlichen Landzunge. Dort hatten wir eine phänomenale Aussicht auf die Küste und die Seen innerhalb der Landzunge. Wir feierten zum zweiten Mal einen Geburtstag eines Crewmitglieds. Elias wurde 20 und hat das Amelija-Geburtstags-Spezial (Pizza+Rum-Cola+gute Gesellschaft) bekommen.
Früh am nächsten Tag, dem 4.Mai, verließen wir St. Francois in Richt Süden. Doch bevor wir Guadeloupe entgültig verließen, hielten wir spontan für einen Zwischenstopp bei Marie-Galante, einer kleinen Insel zwischen Dominica und Guadeloupe. Dort machten wir uns einen entspannten Nachmittag mit viel Baden und fuhren am 5. Mai dann zur “Nature Island” Dominica, auf die wir uns schon sehr freuten.
Das war jetzt unser zweiter Besuch auf Guadeloupe. Wir konnten diesmal den flachen, eher trockenen Osten der Insel erkunden, der sich stark vom bergigen Westteil mit viel Dschungel und Wasserfällen unterschied. Die Kombination aus beidem machten Guadeloupe zu einer abwechsungsreichen Insel, auf der wir viele Facetten der Karibik erleben konnten. Lediglich die französisch geprägte Kultur brachte einen ganz anderen Flair als man ihn auf den anderen Karibikinseln vorfindet. Umso mehr freuten wir uns deshalb auf Dominica als nächste Insel.