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Gastbeitrag: Aufregende Segeltage nördlich von Sizilien

14.08.2022 Anreise aus dem Sauerland nach Sizilien

Gut eine Woche vor unserer Reise nach Sizilien nahmen wir die Einladung der Stammcrew gerne an, sie in Sizilien auf der AMELIJA zu besuchen und mit ihnen eine schöne (Segel-) Zeit zu verbringen. Daher stimmten wir uns mit der Crew ab, um den ungefähren Treffpunkt und die Tour zu planen und dementsprechend die Flughäfen festzulegen, denn eine Hin- und Rückreise per Auto oder Flixbus war zeitmäßig unrealistisch.

Amelija vor dem Bergdorf Taormina

Schlussendlich buchten wir Flüge nach Catania um 8:05 Uhr ab Düsseldorf und um 14:55 ab Palermo Richtung Köln. Diese Flüge waren insofern ideal, weil wir zu vernünftigen Zeiten am Ziel ankamen um den Rest der Strecke noch gut absolvieren zu können. Der Flug nach Catania war problemlos und ohne Verzögerungen, so dass wir kurz vor Mittag bei sengender Sonne in Catania ankamen und dann auch direkt einen Bus nach Taormina buchen konnten. Im Gegensatz zu deutschen Verhältnissen kosten die ca. 60 km im Bus nur 6,50€. In Taormina angekommen haben wir dann noch einen Kilometer zu Fuß durch die Stadt zurückgelegt bis wir am Hafen ankamen und von Jan Moritz mit dem Dingi dort am Pier abgeholt wurden. Auf dem Schiff wurden wir ganz herzlich vom restlichen Team, von Jan und Elias, begrüßt und wir freuten uns dann auf die Abkühlung im türkisblauen Wasser der Bucht. Leider mussten wir uns dann wieder fertig machen um in den Geschäften rund um den Strand für die nächsten Tage zu proviantieren. Es gab zwar keine großen Supermärkte aber verschiedene kleinere Geschäfte, in denen wir von Brot und Reis bis hin zu Milchprodukten und frischem Obst und Gemüse und natürlich auch Mineralwasser in entsprechenden Mengen erwerben konnten. Dies musste nun alles per Dingi zurück auf die AMELIJA.

Sonnenuntergang am Fuße des Ätna

Da die AMELIJA am Vormittag im Süden der Bucht lag und die Wellen von Norden kamen, war der Liegeplatz dort sehr unruhig. Daher ankerten wir zu einer schönen Grotte an der nördlichen Seite von Taormina innerhalb der Bucht um. Dort waren die Wellen nicht so stark, somit die Bootsschwankungen weniger und damit die Nachtruhe deutlich besser. Dies kam uns durchaus entgegen, denn die letzte Nacht war schon sehr kurz und ein wenig Schlaf konnte nicht schaden. Anschließend aßen wir das von Elias lecker zubereitete Abendessen, Gemüsepfanne mit Reis.

15.08.2022 Fahrt durch die Straße von Messina

Am nächsten Tag durften wir dann nach dem Frühstück in gemütlicher Runde im Cockpit und einer weiteren Abkühlung im Nass erstmalig mit der Crew die Segel setzen. Vorab wurde in aller Ruhe alles weggepackt und die AMELIA für die nun anstehende Fahrt durch die Straße von Messina vorbereitet.

Straße von Messina

Wir nahmen Kurs Richtung Norden, denn wir wollten durch die Straße von Messina und dann weiter Richtung Westen. Der Wind war echt gut, so dass wir sehr gut vorankamen. Die Strömung in die richtige Richtung kam uns natürlich auch zu gute. Die Strecke war sehr interessant, auf Backbord konnten wir die Ostküste Siziliens und auf Steuerbord die Küste des italienischen Festlands (Stiefelspitze) verfolgen. In der Straße von Messina gibt es aufgrund des Verkehrsaufkommens ein Verkehrstrennungsgebiet, es gibt daher getrennte Fahrspuren für die Fahrtrichtung gegen Süden und gegen Norden. Wir teilten also das Fahrwasser in unserer Fahrtrichtung mit einigen Frachtern, daneben fühlte man sich auf der AMELIJA direkt sehr klein. Da der Wind immer mehr zunahm, musste wir teilweise die Segel reffen. Aufgrund des guten Vorankommens entschieden wir uns während der Fahrt, unser Tagesziel zu der etwas weiter entfernten Vulkaninsel Stromboli abzuändern. „Ob wir um Acht oder Zehn ankommen ist ja egal“. 2 Stunden nach dieser Entscheidung flaute der Wind plötzlich unerwartet ab, so dass wir mit unter einem Knoten herumdümpelten und sich die Ankunftszeit deutlich nach hinten verschob. Schnell war klar, dass es wohl eine Nachfahrt geben wird. Das war für uns Gäste natürlich direkt ein Highlight, nachts zu segeln, in die schwarze Nacht, von strahlenden Sternen begleitet, nur der Mond gab einem ein bisschen Licht und der leichte Umriss der Insel als Ziel vor den Augen. Wir blieben teilweise wach, unterstützen die „Schichtkapitäne“, machten aber auch zwischendurch mal die Augen zu, soweit es bei dem Seegang ging.

Stimmung bei der ersten Nachfahrt im Mondschein

16.08.2022 Ankunft in Stromboli

Bereits aus der Ferne konnten wir nun unser Vortagesziel, den rauchenden Vulkan Stromboli sehen. Den Ankerplatz erreichten wir dann tatsächlich erst nach Sonnenaufgang. Nach dem Frühstück und einem erfrischenden Bad im „schwarzen“ Wasser des Mittelmeeres wollten wir uns dann per Dingi auf den Weg machen um den Ort Stromboli zu erkunden. Natürlich ist das Wasser nicht schwarz! Da aber Stromboli eine Vulkaninsel ist und der Grund der Bucht demnach nicht aus feinem, weißem Sand sondern aus schwarzer Vulkanasche besteht, sieht das Wasser so aus, also wäre es tief schwarz. In Wahrheit ist es jedoch glasklar.

Blick auf den Stromboli

Den eigentlich gefassten Plan mussten wir jedoch kurzfristig ändern, weil ein, für die Insel verhältnismäßig großes, Tankerschiff lautstark auf sich aufmerksam machte und einige Yachten – darunter auch die AMELIJA – verlegt werden mussten, damit der Tanker dort ankern konnte um seine Ladung zu löschen. Nachdem wir uns noch einen neuen Ankerplatz gesucht hatten und nochmals im „schwarzen“ Wasser der Bucht schwimmen waren, haben wir unseren eigentlichen Plan aufgegriffen und Stromboli besucht. Aufgrund eines verunglückten Mittagsessens – zwei Töpfe mit 1,5 kg Nudeln und fast fertiger Gemüsesauce kippten samt Inhalt von der kardanisch aufgehängten Kochstelle auf den Boden – entschieden wir uns für einen Ausflug auf die Insel, um dort u.a. eine leckere Pizza zu genießen.

Ausblick aus dem Dorf auf den Vulkan Stromboli

Im schönen kleinen Örtchen mit engen Gassen und vielen weiß gestrichenen Häusern fiel sofort auf, dass hier etwas nicht stimmte. Überall wurde Boden bewegt und Eingänge von Dreck befreit. Im Nachhinein haben wir im Internet nachgelesen, dass drei Tage zuvor ein Unwetter viele Erdmassen in den Ort gespült hat und einige Häuser und Vorgärten auch massiv beschädigt haben. Zum Glück ist aber keine Person dabei zu Schaden gekommen. Dies erklärte auch die sehr staubige Straße unterhalb des Ortes und das geschäftige Treiben am Strand, wo schweres Gerät den Strand in neue Form gebracht hat.

Blick auf den Ankerspot vor Stromboli

Nachdem wir auch sehr schöne Eindrücke vom Ort bekommen haben, sind wir wieder zum Boot zurückgefahren, denn ein Termin drängte: die Stammcrew wollte gerne bis zu einer Aussichtplattform am Berg hochwandern um von dort aus den Vulkan in Aktion zu sehen. Da wir Besucher nicht das passende Schuhwerk dabei hatten, haben wir derweil auf das Boot aufgepasst und auf die Rückkehr gewartet.

Kleinere Eruptionen am Stromboli

Der Stromboli gehört zu den aktiveren Vulkanen, bei dem man alle 30 Minuten einen kleinen Ausbruch (Explosion mit Rauchentwicklung und im Dunkeln auch das rötliche Licht) hören und sehen kann. So nah war noch niemand von uns an einem aktiven Vulkan und der Aufstieg war es wert.

17.08.2022 Weiterfahrt nach Filicudi

Eigentlich ist es immer schade, schöne Orte verlassen zu müssen. Aber mit dem Zeitdruck im Nacken, dass wir am Ende der Woche Flüge in Palermo antreten mussten, haben wir heute schon mal die richtige Richtung eingeschlagen und wollten die 35 Seemeilen bis zur Insel Filicudi segeln, damit die dann kommende Etappe nach Palermo nicht zu weit wurde.
Bei herrlichem Wetter und einigermaßen Wind sind wir dann aufgebrochen. Irgendwann war es aber auch an diesem Tag so weit, der Wind war spontan weg und das Meer spiegelglatt. Dafür war aber das Wasser wieder überzeugend blau, es gab weder Fische noch Müll und es war einfach einladend, genau dort bei über 1.000 m Tiefe vom Boot zu springen und schwimmen zu gehen.

Backflip von Elias

Es dauerte auch eine ganze Weile bis überhaupt wieder ein Lüftchen ging. Sobald man also an Bord war, war man wieder trocken und es war unerträglich heiß. Wir nutzten die Zeit der Überfahrt auch, um uns im Internet zu informieren, welcher Ankerspot / welche Bucht auf Filicudi besonders schön sein soll um danach dann das konkrete Tagesziel festzulegen. In Reiseberichten konnten wir von schönen Buchten mit herrlichen Stränden lesen. Die Bilder dazu zeigten die benachbarte Insel Alicudi. Somit sollten diese Strände wohl an der Südküste liegen.
Erst nach einer guten Zeit kam ein nutzbarer Wind auf und wir konnten weitersegeln. So schön die Verzögerung tagsüber war, es führte dazu, dass wir erst spät am Abend die 35 Meilen geschafft hatten.

Jan Moritz bereitet den Gennaker vor

Dank der neuen Stromanschlüsse in der Bugkabine konnten wir den Suchscheinwerfer auch am Ankerkasten nutzen. Da hier einige kleinere aber auch deutlich größere Yachten vor Anker lagen, lag der Schluss nahe, dass wir den schönen Ankerplatz, den wir in den Reiseberichten im Internet gefunden hatten, tatsächlich auch mit dem Boot erreicht hatten. Da es stockfinster war, konnten wir dazu aber zu diesem Zeitpunkt keine Aussage treffen, wollten uns also am nächsten Morgen überraschen lassen.

18.08.2022 Rückfahrt nach Palermo

Als wir aufgewacht sind, konnten wir zwar immer noch all die Yachten der Nacht in unmittelbarer Nähe sehen, aber von schönen Stränden war an dieser Stelle nichts zu erkennen. Es gab eine Steilküste und auch einen Bereich, den man unter Umständen Strand hätte nennen können, aber schöne Strände, leider Fehlanzeige. Aber egal, wir wollten uns ja nicht an den Strand legen, sondern eine schöne Reise haben. Und hier konnte man sehr schön schwimmen, schnorcheln und die Unterwasserwelt beobachten. In Richtung Küste, mussten wir dann zwar auf Seeigel achten, aber die vielen Fische, die man dort auch beobachten konnte, ließen diese schnell vergessen.
Aufgrund der fehlenden Infrastruktur an Land und der nur schwer zugänglichen Küste haben wir uns dann entschlossen irgendwann mittags die Segel Richtung Palermo zu setzen. Schließlich waren es bis dahin 65 Seemeilen, die bei gutem Durchschnittswind 13 Stunden Fahrzeit und bei schlechteren Bedingungen gerne auch doppelt so lange dauern konnten. Wir segelten also bei mäßigem Wind los und Filicudi wurde nur langsam kleiner.

Jan und Manfred beim Navigieren

Tagsüber war es lange sehr sonnig und wieder die Schattenplätze beliebt. Nachmittags, als die Sonne im Westen stand, spendeten die Segel uns Schatten, so dass wir gemütlich auf den Sitzsäcken chillen, lesen und Musik hören konnten, während man in den Horizont schauen konnte – sehr entspannend. Zum Ärger von Jan und Elias biss kein Fisch an der frisch aufgestellten Angel an, wir anderen drei waren eher froh, dass so kein Fisch an Bord getötet und ausgenommen werden musste.

Erst am Abend, als wir Alicudi passiert hatten, frischte der Wind auf und wir bekamen eine angenehme Reisegeschwindigkeit. Dann aber wurde der Wind auch schnell so stark, dass wir die Segel reffen mussten. Die Nacht wurde also wieder in Schichten aufgeteilt, sodass die Skipper theoretisch auch alle eine Möglichkeit gehabt hätten, ein wenig Schlaf zu bekommen. Der Wind und der Seegang waren aber so stark, dass an Schlaf nicht wirklich zu denken war. Dafür hatten wir in dieser Zeit aber eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über 5 Knoten. Man kann halt eben nicht alles haben, aber leider auch keine Konstanz, denn so schnell wie der Wind gekommen war, so schnell konnte er auch wieder verschwinden und die gute Reisegeschwindigkeit war Vergangenheit als fast Flaute einkehrte. Diese dauerte aber nicht so lange, denn ähnlich der Windvorhersage gab es anschließend einen guten Wind aus anderer Richtung, den wir nun weiter nutzen konnten um die letzten Meilen nach Palermo zu überwinden.

In der Nacht wechselte mehrmals die Windrichtung bzw. -stärke, so dass des Öfteren die Segel anders eingestellt werden mussten. Wir Gäste blieben mehr oder weniger bei dem jeweilig verantwortlichen Kapitän der Schicht und konnten dem spannenden Geschehen folgen.

19.08.2022 Ankunft in Palermo

In den frühen Morgenstunden wurde es etwas ruhiger und wir konnten das Ziel, die beleuchtete Küste Siziliens erkennen. Leider kam der Wind genau aus der Richtung von unserem Ziel, sodass wir noch kreuzen mussten, um Palermo zu erreichen.

Hafen von Palermo

Die letzte Nacht war wieder recht kurz und so bewegt, dass wir übermüdet in Palermo in der Marina angekommen sind. Leider fanden wir nicht sofort eine freie Box um dort den Tag zu verbringen, da gegen Wochenende die meisten für Charteryachten reserviert waren. Aber wir fanden dann doch noch einen guten Liegeplatz und freuten uns auf die erste Süßwasserdusche seit Tagen.
Die Crew wollte nun erst einmal die Dinge erledigen, die man eigentlich nur in der Marina machen kann wie Wäsche waschen und dergleichen. Wir als Besucher nahmen unsere Wäsche ja eh wieder mit und konnten dann die Zeit genießen, ein wenig Palermo und die Gastronomie kennenzulernen. Am Abend haben wir uns dann wieder getroffen, gemeinsam die Vorräte an Bord wieder aufgefüllt und dann den Abend in der Altstadt von Palermo bei buntem Treiben der Einheimischen in den engen Gassen ausklingen lassen.

Abschied in Palermo (v.l.n.r.: Jörg, Jan Moritz, Jan, Elias, Manfred)

20.08.2022 Abreise von Palermo

Der letzte Tag verlief dann recht unspektakulär. Wir frühstückten ein letztes Mal gemeinsam, packten unsere Sachen zusammen und räumten den Salon auf, wo wir uns für eine Woche ausbreiten durften. Nachdem alles erledigt war und wir uns verabschiedet hatten, gingen wir zu Fuß zum Bahnhof und fuhren dann mit der Bahn zum Flughafen und schwelgten währenddessen in Erinnerungen.

Um es kurz zu machen, wir wurden ganz toll von den drei Jungs empfangen und betreut, hatten nie das Gefühl, dass wir stören würden und konnten einen ganz tiefen Einblick in das Leben an Bord und die Reise per Segelboot gewinnen. Auch die Dinge, die nicht beeinflussbar waren, haben exakt gepasst. Wir hatten super Wetter mit all den Nuancen, die zum Segeln dazugehören. Von Flaute bis starken Böen, von schönem Segeln bei Tag mit Blick auf die Küste Siziliens bis hin zu stockfinsterer Nachtfahrt mit Ausblick auf die Instrumente war alles dabei. Und das keiner von uns seekrank geworden ist, hat die Reise dann noch abgerundet.

Wir wünschen den dreien eine schöne erste Etappe durch das Mittelmeer und dann natürlich ganz tolle Erlebnisse und Eindrücke auf der Barfußroute und auch in der Karibik.

DANKE sagen Jörg und Manfred

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Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. msk

    Vielen Dank für den tollen Gastbeitrag. Wenn wir schon nicht selbst dabei sein konnten haben wir dadurch einen schönen Einblick bekommen, wie es ist, wenn man ein paar Tage mitsegelt. Es war ja alles dabei was man sich zu so einem Segeltörn vorstellt. Schade um das fast fertige Essen und gut, das Ihr nicht ein paar Tage vorher schon auf Stromboli angekommen seid. Sonst hättet Ihr das Unwetter selbst erleben müssen. Der Backflip vor dem Vulkan ist spektakulär. Man hatte fast ein wenig Angst, das Elias gleich vom Vulkankrater verschluckt wird.
    Gute Weiterreise für die Stammcrew, die jetzt wieder auf sich allein gestellt ist wünscht Markus

  2. Saeko

    Beim Lesen war ich fast mit euch dabei, so kam es mir vor. Vielen lieben Dank. Sehr lebendig auch die Bilder, die den Beitrag untermalen. Und sehr beeindruckend das Backflip von Elias 🙂

  3. Bernd

    Hallo Ihr SUPERSEGLER, ich freue mich, dass Ihr so eine tolle Reise zu den Kapverdern gemacht habt.
    Wenn es geht, können wir u.u einmal telefonieren.
    Ganz liebe Grüße von Karin u Bernd.
    Streichelt die ehemalige WURGL WURGL von uns !!!

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